Zu einer abschreckend formulierten Einladung eines Schwerbehinderten

Ist die Einladung eines schwerbehinderten Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch in einer Art und Weise formuliert, dass sich der Bewerber von der Einladung ''abgeschreckt'' fühlen muss, so berechtigt diese Einladung zum Schadensersatz.


In dem zugrunde liegenden Sachverhalt bewarb sich ein Schwerbehinderter bei dem später verklagten Landkreis um eine Anstellung als Projektmanager. Wie es bei Bewerbungen von Stellenbewerbern auf eine Anstellung bei einem öffentlichen Arbeitgeber Pflicht ist, bat der Landkreis den Bewerber zwar zu einem Vorstellungsgespräch, machte in dem Schreiben jedoch deutlich, dass er kaum Chancen auf die Stelle haben würde. ''Bitte teilen Sie uns mit, ob Sie trotz der geringen Erfolgsaussichten ein Bewerbungsgespräch wünschen und die doch längere Anreise auf sich nehmen'', so die Formulierung in der Einladung. Weder reagierte der Bewerber auf dieses Schreiben, noch nahm er den für das Gespräch festgelegten Termin wahr. Stattdessen klagte er auf Schadensersatz, zumal er sich durch die abschreckende Einladung diskriminiert sah. Vor Gericht war ihm Erfolg beschieden.

Sofern es nicht offensichtlich an der fachlichen Eignung fehlt, sind Schwerbehinderte von öffentlichen Arbeitgebern zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Diese gesetzlich verankerte Chancengleichheit für Schwerbehinderte wird aber zunichte gemacht, wenn die Einladung eine abschreckende Wirkung hat, wie es vorliegend der Fall war. Denn die Einladung enthielt den Hinweis, dass der Bewerber aufgrund der ''Papierform'' seiner Bewerbung wohl kaum eine Chance auf die ausgeschrieben Stelle haben würde. Hieraus lässt sich die Vermutung ableiten, dass der Bewerber aufgrund seiner Behinderung benachteiligt wurde. Denn aus seiner Sicht konnte er die Einladung nur dahingehend verstehen, dass die Teilnahme an dem Vorstellungsgespräch ebenfalls zu keiner Anstellung führen würde. Vor diesem Hintergrund war ihm die Summe von einem monatlichen Bruttogehalt als Schadensersatz zuzubilligen.

Anmerkung: In seiner Begründung stellte das Gericht fest, dass der Bewerber die Vorgaben der Stellenausschreibung von vorneherein nicht erfüllte, weshalb der Landkreis ihn aufgrund der fehlenden Qualifikation hätte ausschließen können. Vor diesem Hintergrund hätte es der diskriminierenden Einladung überhaupt nicht bedurft.
 
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil LAG BW 1 Sa 13 14 vom 03.11.2014
Normen: § 22 AGG, § 82 S.2 und 3 SGB IX
[bns]